Seit vielen Jahren beschäftige ich mich auch mit Literatur. So sind im Laufe der Zeit unter anderem viele Gedichte entstanden, von denen einige veröffentlicht wurden.
Ebenso wie in der Malerei kommt es in der Lyrik nicht vordergründig darauf an, die Dinge möglichst realistisch zu beschreiben, vielmehr geht es um das Nachempfinden von Situationen und Emotionen, in deren übersteigertem Ausdruck eine tiefere Wahrnehmung von Realität liegen kann. So sollte ein gutes Gedicht wie ein Kondensat aus Beobachtungen und Erfahrungen sein, -eine Essenz des Lebens.
Novembertag
Wie jetzt Wald und Felder
Braun und seltsam unbehaust
Und stimmlos sich uns zeigen
Wie die Hecken stehen zerzaust
Und schweigen
Das dürre Laub
Von Nachtfrost taub
Es zittert in den Zweigen
Leicht und ohne Laut
Der Silberbusch, das Fehenkraut
Wiegt sich im luft'gen Reigen
So fremd, so unvertraut
Wer auf zum Himmel schaut
Sieht fürderhin
Nicht Sein, noch Sinn
Wähnt alles Leben schwinden
Wo nur Äste kahl sich winden
Von Schleiern schwer
Und hofft doch, mehr zu finden
Als die Welt, ein Nebelmeer
Frankfurter Bibliothek, 2012
Himmelsstunden
So wenig mir bemessen,
Hab' ich doch nie,
Schau ich zurück,
Ein and'res Glück
Noch Schöneres besessen,
Als eben sie.
Längst schon erwachsen
Und verloren stehe ich
Vor Schaufensterscheiben
Und sehe mich
Am Glas die Nase reiben,
Wie einst als Kind
Jene Himmelsstunden,
In meinen Träumen bleiben
Sie auf ewig, was sie sind;
Der Jugend buntes Treiben
Zärtlichste Erinnerung.
Sonntagswochenblatt, 2011
Du bist's
Was je ich hielt für wichtig
Oder für erstrebenswert,
Was eitel ich ersehnt, begehrt,
Fort ist's mit einem Male, Wimpernschlag.
Ach, Eigensinn, ganz Asche wird dein Haupt.
Und was einmal war im Rechten,
Stärker, mächtig ist's gewachsen
Und wächst größer noch.
Daß ich versöhnt mit allem Schlechten,
Auch den dunklen Tagen bin,
Wie ist's gekommen?
Daß verstanden ist, verziehen,
Liebevoll nun angenommen,
Daß Leben so ist leicht geworden,
In sich ruhend, friedevoll,
Heiter sind die Nächte,
Von Süße erfüllt, von Seeligkeit
Und alle Tage blickt das Auge
Unbeschwert mit Fröhlichkeit.
Oh, wundersame Wandlung
Was begegnet mir?
Daß ein stummes Herz nun hell und laut
Gleich einer Glocke schlägt,
Jeder Tritt jetzt fest und sicher geht
Und nicht verloren, nicht verlacht,
Sondern aufgehoben ist ein jedes Wort
Und wird mit Wider - Sinn bedacht.
Was ist's nur? Was geschieht?
Daß rauschahft, wahnhaft, unvermeßlich,
Auf immer und ewig, unvergeßlich
Der Mond mir lächelt und alle Sterne tanzen,
Schlafend, wachend, taumelnd,
Lieblich träumend.
Was ist's ? Was begegnet mir?
Jokers Gedichte - Datenbank, Lyrikwettbewerb 2011
Abendlicht
Die Farben verblassen
Der Strand liegt verlassen
Im klaren Abendlicht
Das ein um's and're Mal
Das Wolkengrau duchbricht
Mit fahlem Strahl
Sich spiegelt einen Augenblick
In den Pfützen auf dem Schlick
Wo Krebsgetier und Muscheln liegen
Die Möwen fliegen
Fern vorbei
Im Winde frei
Zu grünen Inseln, traumbesonnt
Im weiten Horizont
Heiser klingt ihr Schrei
Frankfurter Bibliothek, 2011
Frühling
Im Wolkenbusch, im Nebelstrauch
Und auch im öden Dornenkraut,
Wohl ungezählte Male,
Hab' nach dir ich ausgeschaut,
Hab' ich auf dich gewartet.
Traurig gezählt habe ich,
In schneestillen Stunden,
Des nachts die frostklaren Sterne,
Hab' gehockt im grauen Gras
Und gefroren habe ich
Im leeren Geäst
Ganz fürchterlich, allein.
In verlass'nem Vogelnest,
Für mich und meine Träume,
Da fand ich Unterschlupf,
So klein, wie ich geworden.
Ewig, mir scheint's,
Hat es gedauert,
Ich hab' gelauert,
Mich gekauert,
Tag um Tagelang
Deine Rückkehr mir erfleht.
Jetzt wird es wahr;
Neue Hoffnung, neues Leben,
Alle Stimmen sich erheben
Warm und hell und wunderbar,
Dich zu preisen, dir zu geben
Ihr allerschönstes Lied:
Frühling, - du bist da !
Frankfurter Bibliothek, 2020
Verleumdung
Ich selbst
Mit fragenden Augen
Ertappe mich im Kreis
In Gedanken, die nichts taugen
Mit müden Füßen schon
Mutlos, brütend
Über Worte mancher Zungen
Ratlos, wütend
Wund von den Erinnerungen
Bin ich geworfen aus der Bahn
Geraten aus den Fugen
Ist mein Leben momentan
Wo sonst Wohlwill galt
Ist von Mißtrauen durchsetzt
Von Blitzlichtern gehetzt
Brüchig jeder Halt
So kommt die Wahrheit
Nun völlig aus dem Gleis
Ist verhandelbar geworden
Und hat jetzt ihren Preis
Bibliothek Deutschsprachiger Gedichte 2012
Nordwind
Mit Rauschen sich im Winde drehen,
Die weißen Räder, die hier stehen.
Und die Wolkenschatten fliehen
Weit über Deich und Felder hin.
Um die Mole ringsherum,
in diesen Wintertagen,
Keine Schäkel an die Masten schlagen;
Der Hafen liegt gar stumm.
Manchmal vielleicht ein dumpfes Tuten,
Wo nur der Nordwind schauert leis',
Es schimmern silbrig ferne Fluten
Und vor abendlichen Sonnengluten
Ziehen die Möwen ihren Kreis.
Lyrischer Lorbeer 2016
Der Populist, - Popanz an die Macht
Die Öffentlichkeit ist tief empört,
Niemand mehr kommt hier zur Ruh',
Was ich sag', ist unerhört,
Doch alle hör'n gebannt mir zu.
Primitiv, doch neu ist dieser Ton,
Was die Mehrheit gar nicht stört,
Sie liebt allein die Sensation,
- Eine Herde träger Schafe.
Ständig heize ich die Stimmung
Mit dumpfen Sprüchen an.
Ich erzähle Unsinn, ohne Strafe,
Verdreh' die Wahrheit wo ich kann.
Ob frauenfeindlich, ob rassistisch,
Die Lügen haben einen Lauf,
Schlicht falsch, oft chauvinistisch,
Immer wieder schlag' ich drauf.
Die Medien bieten mir die Bühne,
Ich kann schmähen, hetzen, ohne Sühne,
Die Diskussionen hören nicht mehr auf
Und jede Minderheit kommt dran.
Die Leute sind nicht informiert,
Daß real die Welt ist kompliziert,
Dreist ich lüg' ihnen in's Gesicht,
Das läuft recht gut aus meiner Sicht.
Wer redet noch von Fakten?
Die Sache interessiert mich nicht.
Nur Verlierer schlagen nach in Akten,
Doch daß einer fühlt und spricht
- Wie sie, wie sie!
Die Menge ist so froh und dankbar
Wie noch nie.
Endlich verstehen sie auch 'mal was.
Sie jubeln ganz allein mir zu,
Dabei ist's ganz simpel, was ich tu':
Meine Botschaft ist der Hass,
Er dient mir zu dem einen Zweck,
Die Welt einfach zu erklären
Und mich einen Dreck
Um die Wirklichkeit zu scheren.
Weil Frechheit heut' gewinnt die Wahlen
Will ich mich in Skandalen aalen.
Bin ich erstmal dann im Amt,
Macht euch schnell damit bekannt,
Daß der Wind sich hat gedreht.
Da erkennt das Wahlvolk konsterniert,
Zur Umkehr ist es jetzt zu spät,
Wie sehr ihr später protestiert,
Es wird nun knallhart durchregiert.
Soll die ganze Welt nur lästern,
Mich kümmert kein Geschwätz von gestern.
Abschied
Rauh liegt Frost auf Gräserspitzen,
Sonne steigt aus Nebelrauch,
Sickert ein in alle Ritzen,
Läßt die Eiskristalle blitzen,
Feurig glühen jeden Strauch.
Nicht einen kurzen Sommer,
Wurd' unsere Liebe alt.
Du bist fort, mit einem and'ren,
Dein helles Lachen ist verhallt.
Zwar ist's November,
Doch mir war in diesem Jahr
So bitter kalt,
Schon vor September.
Auf die ein und and're Weise
Ziehen Krähen schwarze Kreise
In den leeren, blauen Himmel ein.
Dein Abschied, Herbst, ist leise,
Bald wird's winterstille sein.
Peisträger des Gedichtwettbewerbes 2020 der
Bibliothek Deutschsprachiger Gedichte,
"Ausgewählte Werke XXIII"